“Fake it till you make it” — so bezeichnet Todd Allington in seinem gleichnamigen Buch die Kunst der sogenannten Industrieschauspieler*innen. In der Innovationsberatung und Innovationsprozessen allgemein ist die Disziplin des sogenannten Rapid Prototypings ein entscheidender Erfolgsfaktor geworden (Quelle und weitere Details in dem wissenschaftlichen Artikel von Krüger & Teuteberg, 2018).
Seit einigen Jahren sammeln wir daher für unsere Innovationsprojekte und Innovationsworkshops Methoden und Tools für das schnelle Entwickeln und Designen von Prototypen. Wir sind bestrebt, die nachfolgende Sammlung stets aktuell und technologisch state of the art zu halten. Der Abruf ist kostenlos und ohne Registrierung in unserer MindMeister MindMap Rapid Prototyping Tools möglich. Übrigens ein tolles Anwendungsbeispiel, wie Teamkollaboration im Wissensmanagement gelingen kann: Die MindMap ist in den vergangenen Jahren stets gewachsen, gepflegt worden, um neue Technologien gewachsen.
Nachfolgend stellen wir die unterschiedlichen Möglichkeiten des Prototypings vor. Dabei wollen wir auch zeigen, wie Workshopmethoden, wie Design Thinking oder Design Sprints, in wirklich anfassbaren (digitalen) Produkten und Applikationen münden können.
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Von Apps bis Websites: 2D-Frotend-Prototypen
Der wohl häufigste Use Case, gerade im Design Thinking, ist das skizzieren von Apps. Leider enden viele Design Thinkin-Workshops auf Papier. In manchen Fällen ist mag das passend sein. Wenn Innovationsteams jedoch eine gewisse Output-Größe erreicht haben, geht es in Produktivprojekten um die Annäherung an das finale Produkt. Hier sind User Interface (UI) — Tools notwendig. Oftmals genügen diese jedoch nicht, sondern müssen durch spezielle Interaction Design-Tools ergänzt werden, um eine wirkliche Nutzungserfahrung (wie eben auf dem Smartphone, Tablet oder PC) zu ermöglichen.
Der wichtige Unterschied zum finalen Entwicklungsprozess: Das Innovationsteam arbeitet visuell. Anstelle also z. B. in einer Frontend-Programmiersprache Code zu erzeugen, können Design- und Interaktionsentscheidungen ebenso schnell getroffen, wie verworfen werden.
Eine wichtige Unterscheidung dieser Tools: Manchmal genügt es einfache Slideshows zu erzeugen (also quasi Klickstrecken, die keinerlei echte Interaktion ermöglichen). In anderen Fällen ist mehr Komplexität gefragt und echte Daten sollen Teil des Prototyps werden, welche dynamische Veränderungen ermöglichen.
Auch in der Forschung kommt Rapid Prototyping, dann häufig auch unter dem Begriff Vignettenforschung, vor. Die Abbildung zeigt eine forschungsbasierte Weiterentwicklung der Corona-Warn-App (Behne, A., Krüger, N., Beinke, J.H. et al. Learnings from the design and acceptance of the German COVID-19 tracing app for IS-driven crisis management: a design science research. BMC Med Inform Decis Mak 21, 238 (2021). https://doi.org/10.1186/s12911-021–01579‑7).
Die Drähte verbinden: Backend-Prototypen
Backend-Prototypen konzentrieren sich meist entweder auf Datenbankstrukturen oder serverseitige Abläufe. In einer Datenbank können alle Informationen zu einem Produkt gespeichert werden. In der Datenbank können Informationen aus der Designphase sowie Spezifikationen und Anwendungsfälle für ein Produkt gespeichert werden. Wenn ein Backend-Entwickler einen Prototyp erstellt, kann er diese Datenbank dazu verwenden. Im Prototyp werden alle Spezifikationen gespeichert und sobald er erstellt ist, kann er an verschiedene Abteilungen gesendet werden. Auch die Automatisierung und/oder Prototypisierung von serverseitigen Prozessen ist heute in Cloudanwendungen ein wichtiger Schritt. Außerdem basieren viele Start-Ups genau auf diesem Prinzip.
Dieser Prozess spart Entwicklern Zeit, da sie nicht jedes Mal Prototypen von Grund auf neu erstellen müssen. Sie müssen nur organisieren, was bereits getan wurde, und eine weitere Iteration ihres Produkts erstellen oder zurückgehen und Änderungen basierend auf dem Feedback anderer Abteilungen vornehmen.
Voice is the new visual, Alexa, Siri & Co: Conversational UX-Prototypen
Wir verwenden keine Worte mehr, um mit Maschinen zu kommunizieren. Heutzutage verwenden wir unsere Stimmen, um mit Chatbots und Sprachassistenten zu kommunizieren. Und das, obwohl Sprache nicht so effizient und präzise ist wie textbasierte Kommunikation.
Das Prototyping von Chatbots und Sprachschnittstellen erfordert andere Designtools als die, die traditionell für das Prototyping von Websites oder App-Bildschirmen verwendet werden. Diese neuen Tools müssen berücksichtigen, dass Menschen sie möglicherweise in lauten Umgebungen verwenden, Hörprobleme haben oder Akzent-/Sprachbarrieren überwinden müssen. Besonders spannend: Die Schnittstellen und Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) anzudenken oder mittels Web-API, also Schnittstellen im Internet, tatsächlich zu integrieren.
Unterwegs im Metaverse: Virtual Reality und andere 3D-Prototypen
Hierauf mussten wir lange warten. Prototypen für virtuelle Welten oder Augmenten Reality waren im Rapid Prototyping lange Zeit die schwierigste Hürde. Manchmal musste sogar Klarsichtfolie oder Plexiglas herhalten. Doch auch hier hat die Prototyping-Community für Aufschwung gesorgt: Nun stehen Tools zur Verfügung, die entweder rein prototypisch eine einfache Abstraktion, meist durch Point-and-Beam-Interaktionen ermöglichen. Wer mehr möchte, kann im Bereich des Game Developments, also der Spieleentwicklung, auf phantastische Tools zugreifen. Besonders toll finden wir: Für Serious Games und andere virtuelle Lernumgebungen bietet die Opensource-Umgebung H5P mittlerweile eigene VR-Szenarien an.
Prototyping und No-/Low-Code (NLC)
Wir sind beigesterte Vertreter*innen von NLC. Dahinter steckt die Idee, den Gedanken des Rapid Prototypings auch in der produktiven Softwareentwicklung umzusetzen. Diese Art des Programmierens basiert auf visueller Drag-and-Drop-Entwicklung. No-Code-Tools verwenden vorgefertigte Komponenten wie UI-Elemente, Analysepakete, Formularlogik und vorgefertigte Module, um schnell interaktive Prototypen zu erstellen, ohne dass Programmierkenntnisse erforderlich sind. Low-Code-Tools sind etwas komplexer und dann doch schon eher ein Werkzeug für Developer*innen, aber kommen weite Strecken ebenfalls ohne Code aus. Ein wichtiger Anwendungsbereich hierzu sind Business Apps, Landingpages, Cloud-Automation und konkret heutzutage sehr viele Marketingtools. Hierzu wird es noch einigen eigenen Blogbeitrag geben.
Kann es Prototypen in der Entwicklung von Künstliche Intelligenz (KI) geben?
Wer schonmal in einem Workshop kreativ an einem Problem geknobelt hat, welches schließlich von einer KI gelöst werden sollte, stand vielleicht vor genau dieser Frage. Kann es möglich sein, Artificial Intelligence (AI) oder eben KI prototypisch zu entwickeln? Auch hier gibt es viele spannende Entwicklungen in den vergangenen Jahren. Von visuellen Workshopmethoden, also auf abstrakter Ebene, bis zu explorativen, visuell geleiteten KI-Tools. Für uns immer wichtig: Die Unterscheidung zwischen KI — also im Sinne der automatisierten statistischen Berechnung mit permanenten Datenströmen — und einfachen Entscheidungsbäumen. Oft zeigt sich: Viele Geschäftsvorfälle sind einfach nicht digitalisiert. Die Lösung ist hier oftmals gar nicht eine aufwändige, da komplexe, KI-Anwendung. Vielmehr braucht es ein anderes Digitalisierungswerkzeug mit einer sauberen Logik (und if, then, else). Trotzdem: Auch Data-Scientists und KI-Profis werden in unserer MindMap fündig!
Fazit: Prototypen helfen. Immer.
Viele weitere Bereiche haben wir hier jetzt nicht angesprochen, beispielsweise Robot-Process-Automation (RPA) und Internet of Things (IoT). Aber unsere Prototyping-Liste enthält auch hierzu Ideen und wächst permanent weiter, denn in unseren Projekten werden wir durch Start-Ups und Innovationsteams in großen Organisationen auch immer wieder auf völlig neue Ideenhorizonte gestoßen. Unser Fazit nach vielen Jahren Design Thinking & Co: Alles lässt sich prototypen und Prototypen bieten zwei ganz entscheidende Vorteile: Schnelligkeit und Kosteneffizienz. Wir werden unsere Toolsammlung stets weiter ausbauen und neue Technologiebereich, aber auch Tools inkludieren. Die richtige Auswahl eines Tools für Deine Organisation sollte spielerisch angegangen werden, denn schließlich soll die Nutzung Freude machen. Ein Gedanke zum Schluss, wenn Du bereits mit dem Lean Start-Up-Prinzip nach Eric Ries vertraut sein solltest: Das sogenannte Minimal-Viable-Product (MVP) lässt sich meist bereits mit einem der von uns gezeigten Prototypingtools umsetzen. So kann die eigene Innovations- oder Gründungsidee mit geringem finanziellen Risiko mit echten Nutzer*innen verprobt werden.
Mit diesem Überblick wollen wir Dir helfen, in der Umgebung von Prototyping-Tools eine gute Auswahl zu treffen. Wenn Du weitere Hilfe benötigst, zum Beispiel bei der Frage, welche Tools für Dein Start-Up oder Innovationsprojekt richtig sein könnten, nimm einfach Kontakt zu uns auf.